Finanzierung
Die Versorgungswerke beruhen auf dem Versicherungsprinzip und finanzieren ihre Leistungen ohne Zuschüsse des Staates ausschließlich auf Basis der Beiträge ihrer Mitglieder nach kapitalbildenden Finanzierungsverfahren. Ihr Leistungsversprechen umfasst die Erbringung einer Rente bei Überschreitung einer bestimmten Altersgrenze oder vorzeitigem Eintritt einer Berufsunfähigkeit sowie Sicherstellung des Lebensunterhaltes von Hinterbliebenen (Ehe-/Lebenspartner oder Kinder) durch Zahlung einer lebenslangen Rente bei vorzeitigem Tod des Mitgliedes. Zur Finanzierung greifen die Versorgungswerke auf anerkannte Grundsätze der Versicherungsmathematik zurück. Die Versicherungsmathematik definiert Eintrittswahrscheinlichkeiten im Hinblick auf die biometrischen Risiken vorzeitiger Tod, Berufsunfähigkeit sowie Langlebigkeit. Der erfreuliche Umstand, dass die Mitglieder der berufsständischen Versorgungswerke im Durchschnitt eine vier Jahre höhere Lebenserwartung als die Allgemeinbevölkerung haben, hat zur Folge, dass die gebildeten Deckungsrückstellungen aus Überschussmitteln entsprechend anzupassen sind.
Die Rentenversicherung verzichtet auf eine Vorausfinanzierung künftiger Leistungen – die erforderlichen Volumina würden den gesamten Kapitalbestand der Volkswirtschaft absorbieren. Sie erbringt im Umlageverfahren die Mittel zur Abwicklung der in einer Periode fälligen Rentenleistungen in voller Höhe durch die in dieser Periode vorhandenen Beitragsmittel sowie durch Staatszuschüsse.
Die private Lebensversicherung dagegen stimmt im Rahmen ihres individuellen Anwartschaftsdeckungsverfahrens bei strikter versicherungsmathematischer Methodik Beiträge und Leistungen so aufeinander ab, dass der einzelne Versicherte die für seine Versorgung notwendige Rückstellung selbst bildet und auf den Zugang künftiger Versicherter nicht angewiesen ist. Dies bedingt jedoch eine vorangegangene Gesundheitsprüfung und eine darauf basierende Risikoeinstufung, die eine unterschiedlich hohe Versicherungsprämie zur Folge haben kann.
Die berufsständischen Versorgungswerke bedienen sich einer eigenen Methode der Vorausfinanzierung künftiger Renten. Dabei muss zwischen den Versorgungsbeiträgen für einen Anfangsbestand an Beitragsverpflichteten bei Errichtung des Versorgungswerks samt dem Zugang junger Berufstandsangehöriger sowie dem schon angesammelten Vermögen samt rechnungsmäßiger Verzinsung und den nach biometrischen Maßzahlen zu erwartenden Renten Gleichheit bestehen. Man spricht dann von einer kollektiven Äquivalenz.
Für die berufsständischen Versorgungswerke sind dabei zwei kapitalbildende Finanzierungsverfahren kennzeichnend:
1. das offene Deckungsplanverfahren
2. die modifizierte Anwartschaftsdeckung
Das „Offene Deckungsplanverfahren“, seit Jahrzehnten eingeführt, methodisch anerkannt und in der Praxis bewährt, ist das in der berufsständischen Versorgung gebräuchlichste Finanzierungsverfahren. Es verlangt keine unmittelbare Äquivalenz zwischen Beiträgen und Leistungszusagen. Die Leistung ist also nicht ausschließlich von der Höhe und Anzahl der eingezahlten Beiträge abhängig. Vielmehr wird auch der künftige Zugang an neuen, meist jungen Kammermitgliedern in die Äquivalenzbeziehung mit einbezogen. Das offene Deckungsplanverfahren ist also auf den kontinuierlichen Neuzugang von Berufsangehörigen angewiesen.
In der Regel führt bei der Anwendung des offenen Deckungsplanverfahrens ein Beitrag - unabhängig von Zeitpunkt und Dauer der Einzahlung - zur gleichen Rentenwirksamkeit. Da grundsätzlich alle, also auch künftige Berufsstandsangehörige teilnehmen müssen, ist im Übrigen die Annahme gerechtfertigt und kalkulationsfähig, dass die Versichertengemeinschaft im berufsständischen Versorgungswerk zeitlich unbegrenzt existiert und sich deshalb Neuzugänge junger Berufsstandsangehöriger zwingend und regelmäßig ergeben. Und da die biometrischen Risiken alle guten wie schlechten Ereignisse berücksichtigen, bedarf es nicht, wie bei der individuellen Äquivalenz der privaten Lebensversicherung, der Gesundheitsprüfung mit Risikoeinstufung bzw. Auskehrung der schlechten Risiken. Das Versorgungswerk kann also auf einen stets durchmischten Bestand entsprechend den erhobenen biometrischen Maßzahlen zurückgreifen.
Neben der Mehrzahl der im offenen Deckungsplanverfahren finanzierten berufsständischen Versorgungswerke gibt es auch solche, die näher an der individuellen Anwartschaftsdeckung finanziert sind. Sie ähneln daher stärker dem Anwartschaftsdeckungsverfahren einer privaten Lebensversicherung, weil die Verweildauer der Beiträge im Versorgungswerk bei der Rentenwirksamkeit der Beiträge stärker berücksichtigt wird. Eine Modifizierung der Anwartschaftsdeckung findet aber dadurch statt, dass die Versorgungswerke keine Risikoprüfung durchzuführen, da auch zu ihnen Pflichtmitgliedschaft besteht und sie von daher auf die Bildung einer kollektiven Äquivalenzbeziehung zurückgreifen können.