Berufsunfähigkeit

Der Begriff „Berufsunfähigkeit“ im Bereich der berufsständischen Versorgung entspricht nicht dem früheren rentenrechtlichen Begriff der „Berufsunfähigkeit“ (vgl. § 240 Abs. 2 SGB VI), der durch das Erwerbsminderungsreformgesetz vom 20.12.2000 durch den Begriff teilweise/volle Erwerbsminderung (§ 43 SGB VI) ersetzt wurde. Vergleiche mit den Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung, der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung oder der Berufsunfähigkeitsversicherung der privaten Lebensversicherung sind nicht sachgerecht.

In der gesetzlichen Rentenversicherung entstehen viele Erwerbsminderungsfälle erst durch die Erfüllung der notwendigen rentenrechtlichen Wartezeit. Die private Lebensversicherung bedient sich der Gesundheitsprüfung, um schwere Risiken erst gar nicht zu übernehmen oder später über den Weg der Anfechtung auszusondern. Dies erfolgt nach der Rechtfertigung durch das Bundesverfassungsgericht zum gebotenen „Schutz der Versichertengemeinschaft vor den ungünstigen Risiken und vor Personen, die ein kurzfristiges Beschäftigungsverhältnis möglicherweise nur zur Erlangung eines Rentenanspruchs eingehen würden“.

Es liegt auf der Hand, dass die Versichertengemeinschaft der Versorgungswerke einer ähnlichen Schutzbedürftigkeit vor ungünstigen Risiken und „Trittbrettfahrern“ bedarf. Bei Verzicht auf Mindestversicherungszeiten und Gesundheitsprüfungen stellt die berufsständische Versorgung diesen Schutz durch die Verwendung eines anderen, nämlich weiter gehenden Berufsunfähigkeitsbegriffs sicher. Es wäre unzulässig, diesen „Nachteil“ mit punktuell günstigeren Aspekten des Sozialversicherungsrechts zu kombinieren.

Der berufsständische Berufsunfähigkeitsbegriff beschreibt eine berufsbezogene volle Erwerbsminderung. Unter welchen Voraussetzungen Berufsunfähigkeit von Versorgungswerksmitgliedern vorliegt, welchen Grad sie erreichen muss und ob und in welchem Umfang eine Verweisung auf andere Tätigkeiten zulässig ist, bestimmt sich allein nach Landesrecht, ggf unter Berücksichtigung satzungsrechtlich normierter Besonderheiten des jeweiligen Versorgungswerkes. Bei den berufsständischen Versorgungswerken liegt in der Regel eine anspruchsbegründende Berufsunfähigkeit vor, wenn jedwede berufsspezifische Tätigkeit (z.B. als Arzt, Apotheker, Anwalt) nicht mehr in dem Maße ausgeführt werden kann, dass aus dieser ein existenzsicherndes Einkommen erzielt werden kann. Grundlegend anders ist auch insoweit der Bewertungsmaßstab der gesetzlichen Rentenversicherung, die bei der Prüfung einer Erwerbsminderung alle denkbaren Verweisungstätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt berücksichtigt.